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Pikrinsäure – das Risiko bestimmter Chemikalien verstehen

Anwendung von Pikrinsäure und Begebenheiten

Pikrinsäure ist ein gelber kristalliner Feststoff. Sie wird als kraftvoller Explosivstoff und starkes Oxidationsmittel bei Raketenbrennstoffen, Streichhölzern, Lederverarbeitungstechniken, Metallgravurverfahren und Batterien verwendet.

Sie dient auch zum Färben von Stoffen oder Glas.

Sie wurde insbesondere in Munition verwendet:

  • Bei direktem Kontakt verursacht Pikrinsäure eine Gelbfärbung der Haut und der Haare, die charakteristisch für Arbeitnehmer in Munitionsfabriken war, als Pikrinsäure dort als Sprengstoff verwendet wurde.
  • Während des Zweiten Weltkriegs entwickelten Matrosen der US-Marine Hämaturie (Blut im Urin), weil ihr Schiff in einem japanischen Hafen gelegen hatte. Diese Störung kam sicherlich vom Wasser, das sie tranken: es kam aus dem Meer, in dem eine große Menge von Munition mit Pikrinsäure verschüttet war.

In Laboratorien wird es als Reagenzmittel zur Analyse von Serum-Kreatinin beim Mensch und bei Tierversuchen eingesetzt. Es ist auch ein chemisches Reagenzmittel, das weitgehend für die Synthese von Pikraminsäure und Chloropikrin verwendet wird.

In den Jahren 1920 – 1930 wurde Pikrinsäure als Antiseptikum, pur oder mit Butyl Aminobenzoat gemischt, bei Verletzungen durch Verätzungen verwendet. Etwa 4% der mit Pikrinsäure behandelten Patienten entwickelten lokale allergische Hautreaktionen. In mindestens einem Fall wird von einer schweren Funktionsstörung des zentralen Nervensystems im Anschluss an die lokale Anwendung von Pikrinsäure berichtet. Pikrinsäure ist nicht direkt allergieauslösend. In Kontakt mit dem Gewebe wird es in einen anderen chemischen Sensibilisator umgesetzt.

  • Pikrinsäure ist dafür bekannt, dass sie schnell durch die Haut und die Schleimhäute absorbiert wird.
  • Pikrinsäure ist ein wirksamer Inhibitor des Elektronentransports, der bei der Photosynthese in Pflanzen vorkommt. Sie kann als eine Quelle für Nitrat von bestimmten Bakterien verwendet werden.
  • Pikrinsäure wurde zur Identifikation post mortem von frühzeitigem Herzinfarkt bei Autopsien eingesetzt.

Versuchen wir, das Risiko zu verstehen.

Ein wenig Chemie

Pikrinsäure ist ein Phenol Derivat: 2,4,6-Trinitrophenol. Es ist ein gelber, geruchloser Feststoff und wird häufig als Lösung verwendet.

Pikrinsäure ist auch unter folgenden Bezeichnungen bekannt:

  • 2,4,6-Trinitrophenol
  • Phenol trinitrate
  • Carbazotic acid
  • Pictronitric acid
  • Carbonitric acid
  • 2-Hydroxy-1,3,5-trinotrobenzene
  • Lyddite
  • Melanite
  • Nitrophenesic acid
  • Nitroxanthic acid
  • Shimose
  • Trinitrophenol
  • TNP

CAS 88-89-1; chemische Formel C6H2(NO2)3OH

Pikrinsäure reagiert stark mit Metallen wie Kupfer, Blei und Zink; gegenüber Metallen ist sie ätzend. Zinn oder Aluminium werden jedoch nicht von ihr angegriffen. Sie ist nicht kompatibel mit Metallsalzen, Putz, Beton und Ammoniak.

Aus einer Lösung kristallisiert ist sie hochexplosiv.

In den Vereinigten Staaten wird Pikrinsäure von der OSHA als Explosivstoff der Klasse A eingestuft. Diese Chemikalie explodiert spontan bei Temperaturen über 300°C. Durch einen Schlag, Reibung oder heftiges Schütteln kann sie ebenfalls zersetzt werden.

Sie ist ein brennbarer und entzündbarer Feststoff.

Findet man alte Flaschen mit Pikrinsäure in Chemielaboratorien, werden oft Minenräumeinheiten gerufen um sie zu entsorgen.

Sind die Flaschenverschlüsse aus Metall, kann es bei dem Versuch die Flasche zu öffnen zu einer Explosion kommen.

Bei Flaschen mit einem Verschluss aus Kunststoff kommt es häufig vor, dass sich Kristalle in der Flasche gebildet haben. Diese Kristalle können ebenfalls beim Öffnen explodieren. Das Explosionsrisiko kann durch Eintauchen der Kunststoffverschlüsse in Wasser begrenzt werden. Die „Division of Chemical Health and Safety“ (CHAS-C) von der American Chemical Society (ACS) berichtete von mehreren solcher Fälle in den letzten Jahren.

Toxizität, Absorption und reizendes/ätzendes Potential für Augen und Haut

Pikrinsäure reizt Augen, Haut und Schleimhäute und wird leicht über die Haut aufgenommen. Die Metaboliten der Pikrinsäurein der Haut sind Sensibilisatoren. Aus diesem Grund wird Pikrinsäure als Sensibilisator eingestuft und Hautkontakt mit dieser Chemikalie kann allergische Hautentzündungen verursachen.

Durch Pikrinsäure verursachte Hautentzündungen treten am häufigsten im Gesicht, vor allem um Mund und Nase, auf. Es beginnt mit einer Entzündung (Erythema) gefolgt von Quaddel- und Bläschenbildung bis hin zur Abschuppung/Schuppenbildung.

Pikrinsäure kann giftig sein, wenn sie systemisch absorbiert wird, unabhängig von der Art der Aufnahme. Diese Toxizität kann sich durch Müdigkeit, einen bitteren Geschmack im Mund, Muskelschmerzen, Anurie oder Polyurie, Magen-Darm-Erkrankungen und Leber- und Nierenschäden äußern. So erging es den Matrosen der US Navy während des Zweiten Weltkriegs.

Im Falle einer Vergiftung mit Pikrinsäure wird das Gewebe gelb (wie im Fall der Arbeiter in Munitionsfabriken). Dadurch dass die Pikrinsäure sich im Kammerwasser des Auges auflöst, kann die Sicht gelb erscheinen.

Der Kontakt mit Staub oder Dämpfen kann eine Reizung der Augen verursachen, die durch Sensibilisierung verstärkt werden kann. Direkte Projektion von Pikrinsäure in die Augen kann Schäden an der Hornhaut des Auges verursachen.

Eine Person, die am Arbeitsplatz Pikrinsäure eingeatmet hat, entwickelte folgende Symptome: temporäres Koma, Schwäche, Muskelschmerzen und Nierenschäden.

Das Verschlucken von 2 bis 5 Gramm Pikrinsäure verursacht einen bitteren Geschmack im Mund, Schwindel und Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Durchfall, Gelbfärbung der Haut, Erythrozytenlyse, Leber- und Nierenschäden, einschließlich hämorrhagischer Nephritis.

Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) empfiehlt folgende Klassifizierung für Pikrinsäure:

 H201  Explosiv: massenexplosionsfähig
 H301  Giftig bei Verschlucken
 H311  Giftig bei Hautkontakt
 H331  Giftig beim Einatmen

Chronische Auswirkungen / Krebserreger

Pikrinsäure ist mutagen bei Stoffwechselaktivierung: der Ames-Test bei Pikrinsäure ist positiv.

Von Pikrinsäure ist auch berichtet worden, dass sie laut Ames-Test als nicht mutagen gilt. Verschiedene Genotoxizitätstest der Pikrinsäure waren widersprüchlich.

Nach einer Überprüfung durch einen Ausschuss des Gesundheitsrates der Niederlande im Jahr 2002 gibt es keine Daten über die Langzeittoxizität, Kanzerogenität und Reproduktionstoxizität.

Reglementierung / Warnung

  • US OSHA: Arbeitsplatzgrenzwert (AGW) 0.1 mg/m3.
  • National Institut für Gesundheit und Sicherheit (NIOSH) in den USA: Es wurde kein unmittelbarer Grenzwert für die Gefahr für Leben oder Gesundheit festgestellt. NIOSH empfiehlt einen Kurzzeitwert von 0.3mg/m3 und einen Grenzwert von 0,1mg/m3 – der amerikanische Kongress der Regierungshygieniker (ACGIH) empfiehlt einen Grenzwert von 0.1 mg/m3.
  • Niederlande: der verwaltungsrechtliche Arbeitsplatzgrenzwert bei einem Achtstundentag liegt bei 0.1 mg/m3.

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Alan H. Hall, M.D. President and Chief Medical Toxicologist
Toxicology Consulting and Medical Translating Services, Inc.
Laramie, Wyoming, USA
Clinical Assistant Professor
Colorado School of Public Health
University of Colorado-Denver
Denver, Colorado, USA

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Alan H. Hall, M.D. President and Chief Medical Toxicologist
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